Internationaler Strafgerichtshof

Internationaler Strafgerichtshof und die Position der USA

5.5.1. Position der USA zum materiellen Strafrecht

In den Diskussionen über das anzuwendende materielle Völkerstrafrecht sprachen sich die USA fast durchgehend für eine Beschränkung der Rechtsprechung des ICC auf wenige, restriktiv gehandhabte Straftatbestände aus.


Beschränkung auf Kernverbrechen

Die USA plädierten für eine Beschränkung der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs auf so genannte Kernverbrechen und gegen eine Erfassung etwa des Drogenhandels.[110] Eine Mehrheit der übrigen Staaten stimmte dem zu.[111] Dies führte dazu, dass die ILC im Jahr 1996 einen neuen Entwurf eines Strafkodex vorlegte („Draft Code 1996“),[112] der sich nunmehr auf fünf Straftatbestände beschränkte. Neben den vier Kernverbrechen (Aggression, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschheit, Kriegsverbrechen) sollten nach diesem Entwurf nur noch Verbrechen gegen die Vereinten Nationen und ihr Personal (Art.19) erfasst sein.


Minimallösung bei der Definition von Kriegsverbrechen

Die USA schlugen eine sehr restriktive Fassung des Tatbestandes der Kriegsverbrechen vor, der den Tatbestand auf solche Fälle beschränken sollte, in denen Verletzungen des humanitären Kriegsrechts „als Teil eines systemischen Plans oder einer Politik oder als Teil einer groß angelegter Begehung solcher Taten“ begangen werden.[113] Der amerikanische „Ambassador at Large for War Crimes Issues“ David J. Scheffer begründete diese Haltung: „Die beachtliche und kostspielige Maschinerie dieses Gerichtes sollte für Verbrechen von besonderer Ernsthaftigkeit und Schwerer in Gang gesetzt werden. Dies ist nicht ein Gericht, das für jedes Verbrechen angerufen werden kann, das ungesühnt ist, so erstrebenswert dies auch im Abstrakten klingen mag.“[114]


Anwendbarkeit auch auf innerstaatliche Konflikte

Die USA sprachen sich andererseits dafür aus, die Anwendbarkeit der völkerstrafrechtlichen Tatbestände auch auf innerstaatliche Konflikte auszudehnen.[115] Dieser Punkt war stark umstritten, da eine solche Regelung weitgehende Eingriffsmöglichkeiten in die staatliche Souveränität ermöglicht.[116] Die Mehrheit der Staatendelegationen stimmte der Position der USA jedoch zu.[117]


Keine Verfolgung der „Aggression“

Die Aufnahme des Tatbestandes der Aggression in das ICC-Statut lehnten die USA ab. Sie bemängelten, dass es keine klare, justiziable Definition dieses Tatbestandes gebe.[118]
Zugleich beriefen sie sich besonders in der Diskussion um den Tatbestand der Aggression auf ihre oben dargestellte[119] militärische Exponiertheit. So erklärten sie, dass die Einbeziehung dieses Tatbestandes jenen Streitkräften, „welche die internationale Gemeinschaft anruft, um schwierige Aufträge zu übernehmen“, ein „unnötiges Risiko“ aufbürden würde.[120] Hier wurde deutlich, dass die USA besorgt waren, wegen des Tatbestandes der Aggression selbst angeklagt zu werden. Denn mit jenen „Streitkräften“ war unmissverständlich das US-Militär gemeint, dessen weltweites Engagement im selben Zusammenhang hervorgehoben wurde.[121]

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[111] Ebenda.

[112] „Draft Code of Crimes against the Peace and the Security of Mankind“, UN General Assembly, Official Records, 51st Session (A/51/19), S.14, abgedruckt in: Roggemannn, Die Internationalen Strafgerichtshöfe, S.368-375.

[113] Hall, The third and fourth session of the UN Preparatory Committee on the establishment of an International Criminal Court, AJIL 92 (1998), S.124-133 (128). Übersetzung durch den Verfasser.

[114] Scheffer, U.S. Policy and the Proposed Permanent International Criminal Court, US Department of State Dispatch, Dezember 1997, S.20-22 (21).

[115] Hall, The first two sessions of the UN Preparatory Committee on the establishment of an International Criminal Court, AJIL 91 (1997) S.177-187 (180).

[116] Ahlbrecht, Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit, S.352.

[117] Hall, a.a.O., S.180.

[118] Scheffer, U.S. Policy and the Proposed International Criminal Court, US Department of State Dispatch, Dezember 1997, S.20-22 (22).

[119] Siehe oben: V. 1. c.

[120] Scheffer, a.a.O.

[121] Scheffer, U.S. Policy and the Proposed International Criminal Court, US Department of State Dispatch, Dezember 1997, S.20-22 (22).
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