Internationaler Strafgerichtshof

Internationaler Strafgerichtshof und die Position der USA

6.6. Position der USA zur Rolle des UN-Sicherheitsrates

Die USA traten auf der Konferenz von Rom weiterhin für eine starke Kontrolle des ICC durch den UN-Sicherheitsrat ein.[171]
Einer der umstrittensten Punkte in Bezug auf die Rolle des UN-Sicherheitsrates betraf die Frage, wann der ICC Ermittlungen einleiten kann, wenn mit einer Sache bereits der UN-Sicherheitsrat befasst ist.[172]
Die USA traten hier für eine Regelung ein, wonach es dem ICC verboten sein sollte, in solchen Fällen Ermittlungen aufzunehmen, wenn nicht das Einverständnis des Sicherheitsrates vorläge.[173] Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass es erforderlich sei, eine Einmischung des Gerichts in die Aufgaben der Friedenssicherung zu verhindern, welche dem Sicherheitsrat nach Art 24 (1) und Art. 103 der UN-Charta übertragen sind.[174]
Diese Position wurde von anderen Staaten stark kritisiert.[175] Zum einen wurde angemerkt, dass mit einer solchen Regelung die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates stets die Möglichkeit hätten, Ermittlungen durch ihr Veto zu vereiteln.[176] Somit würde das Funktionieren des ICC von einer politischen Instanz wie dem UN-Sicherheitsrat abhängig gemacht. Mit dem Erfordernis einer Zustimmung durch den UN-Sicherheitsrat könnte sogar eine einzige Vetomacht, wie etwa die USA, gegen die Stimmen aller anderen Mitglieder eine Ermittlung durch den ICC verhindern.[177] Auch läge es in der Hand des Sicherheitsrates, nach Belieben einzelne Angelegenheiten an sich zu ziehen und über die Zuständigkeit des ICC zu bestimmen.[178]
Die Position der USA konnte sich auf der Konferenz in Rom nicht durchsetzen.[179] Stattdessen wurde in Art. 16 ICC-Statut eine Kompromisslösung normiert, wonach die Ermittlungen des ICC zwar nicht von dem Einverständnis des Sicherheitsrates abhängig sind, aber durch einen Beschluss des Sicherheitsrates zeitweilig aufgehalten werden können. Wenn ein solcher Beschluss vorliegt, sind Ermittlungen des ICC nach Art. 16 ICC-Statut für die Dauer von 12 Monaten gesperrt.
Diese Lösung war für die USA nicht akzeptabel, eine Vertreterin des amerikanischen Standpunktes kritisierte sie gar als „Missachtung der existierenden Sicherheitsarchitektur der Vereinten Nationen“.[180] Als Grund für diese scharfe Kritik wurde vorgebracht, dass das ICC-Statut, indem es den Sperrmechanismus in Art. 16 zeitlich begrenze, sich anmaße, in die Befugnisse des Sicherheitsrates einzugreifen und diese Befugnisse, die für die weltweite Friedenssicherung mitunter essentiell seien, damit unzulässigerweise beschränke.[181] Damit sei die Rolle des Sicherheitsrates in der internationalen Friedenssicherung nachhaltig beschädigt.[182]
Andere Beobachter hingegen legen nahe, dass für die Haltung der USA zur Rolle des UN-Sicherheitsrates auf der Konferenz in Rom ein weitaus banaleres Motiv ausschlaggebend war. Ein generelles Vetorecht der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates gegen Ermittlungen des ICC hätte es den USA ermöglicht, die Anklage gegen amerikanische Staatsbürger in jedem Fall zu verhindern.[183]

Smilies Rundreise USA Westen

[171] Zumach, Historisches Ereignis und diplomatisches Desaster der USA, HuV 1998, S.136-138 (136).

[172] Yee, The International Criminal Court and the Security Council, in: Lee, The Making of the Rome Statute, S.143-152 (149); Zwanenburg, Peacekeepers under fire?, EJIL 10 (1999), S.124-143 (137).

[173] Yee, a.a.O.; Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S.137.

[174] Yee, a.a.O., S.150.

[175] Ebenda.

[176] Yee, The International Criminal Court and the Security Council, in: Lee, The Making of the Rome Statute, S.143-152 (149).

[177] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S.137.

[178] Yee, The International Criminal Court and the Security Council, in: Lee, The Making of the Rome Statute, S.143-152 (150).

[179] Kaul, Der Internationale Strafgerichtshof: Das Ringen um seine Zuständigkeit und Reichweite, HuV 1998, S.138-144 (143).

[180] Wegdwood, An American View, EJIL 10 (1999), S.93-107 (97).

[181] Wedgwood, a.a.O., S.98.

[182] Ebenda.

[183] Biegi, Die humanitäre Herausforderung, S.137;
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