Internationaler Strafgerichtshof

Internationaler Strafgerichtshof und die Position der USA

3.3 Kompromiss zu den Nürnberger Prinzipien

Die ILC legte zur Frage nach den Nürnberger Prinzipien im Jahr 1950 ihre Antwort vor. Die vom ILC formulierten Nürnberger Prinzipien[33] gaben größtenteils das IMT-Statut und das Urteil von Nürnberg wieder. Inhaltlich wurde lediglich das Handeln auf Befehl als Schuldausschließungsgrund (Prinzip IV) hinzugenommen.[34]
Gleichwohl hatten die verschiedenen Staatsvertreter in der ILC zuvor intensiv diskutiert. Denn unter anderem Großbritannien widersprach nun der allgemeinverbindlichen Kodifizierung des zentralen Prinzips der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit von Individuen (Prinzip I).[35] Erst 1946 hatte das IMT noch klargestellt: „Individuen können für Verletzungen des Völkerrechts bestraft werden. Verbrechen gegen das Völkerrecht werden von Menschen begangen, nicht von abstrakten Körperschaften, und nur durch die Bestrafung von Individuen, die solche Verbrechen begehen, können die Bestimmungen des Völkerrechts durchgesetzt werden.“[36] In der Diskussion in der ILC im Jahr 1950 tat der Vertreter Großbritanniens dies nun als „fashionable theory“ ab.[37] Nach dieser Auffassung sollte das Völkerrecht auch weiterhin nur Staaten, nicht Individuen, binden. Dem widersprach unter anderem Frankreich.[38]
Die USA beobachteten diese Diskussion und äußerten sich zunächst nicht dazu. Letztlich wirkten sie in der ILC an einem Kompromiss mit, demzufolge es sich bei den formulierten Prinzipien lediglich um eine Anregung für weitere Diskussionen in der Vollversammlung handeln solle.[39] Damit konnte zwar eine Mehrheit in der ILC – darunter auch Großbritannien – dem Formulierungsentwurf zustimmen.[40] Aber der Versuch, die Nürnberger Prinzipien völkervertraglich verbindlich zu formulieren, scheiterte damit.

Massivhaus Nordrhein-Westfalen

[33] ILCYP 1950 II, S. 374-378 (A/1316).

[34] Ahlbrecht, Geschichte der völkerrechtlichen Strafgerichtsbarkeit, S. 134.

[35] Liang, Notes on legal questions concerning the United Nations, AJIL 45 (1951), S. 508-525 (519).

[36] Zitiert nach: Bassiouni, Crimes against Humanity in International Law, S.526. Übersetzung durch den Verfasser.

[37] Zitiert nach: Liang, Notes on legal questions concerning the United Nations, AJIL 45 (1951), S. 508-525 (519).

[38] Ebenda, S.520.

[39] Ebenda, S.523.

[40] Ebenda, S.525.
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